Stadln
eine Spurensuche im Böhmerwald
 
 
 

Geschichte

Erste Erwähnung fand der Ort Stadln am Hang des Kiesleiten 1614. Der Ort – 500 Einwohner in 40 Häusern, zwei Mühlen und einem Sägewerk - war ein typisches Straßendorf, d.h. die Höfe sind eng  und unmittelbar mit den Wohngebäuden und Nebenanlagen wie Ställen, Scheunen, landwirtschaftlichen  Flächen am Verkehrsweg liegend, angelegt, so dass weitere Hofstellen im Anschluss an Bestehendes angelegt werden können. 

Aber schon seit dem 13. Jahrhundert wurde das Gebiet des mittleren Böhmerwalds von Siedlern aus Bayern besiedelt. Sie unterstanden als „künische Freibauern“ direkt der königlichen Kammer. „Niemands Herr und niemands Knecht, das ist künisch Bauernrecht“ war ihr Wahlspruch.    

Das Gebiet war in acht Freigerichte - die Bauern durften eigene Gerichte abhalten -  eingeteilt, wobei das Stadler Gericht 23.613 ha mit dem Mittelpunkt Stadln umfasste. Ihre Rechte wurden im Rahmen der allgemeinen „Bauernemanzipation“ 1854 aufgehoben und der Bezirkshauptmannschaft Schüttenhofen zugeordnet.

Stadln war flächenmäßig die größte Gemeinde des mittleren Böhmerwaldes. Dazu zählten die Ansiedlungen: Alt-Hurkenthal, Hurkenthal, Neu-Hurkenthal, Althütten, Bergl, Ebene, Ebenwies, Einöde, Filzhäusel, Formberg, Frauenthal, Glaserwald, Großbabylon, Haid, Hinterhäuser, Hinterwaid, Höhal, Hohenstegen, Holzschlag, Hurka, Kleinbabylon, Mitterwaid, Scherlhof, Sonnberg, Vorderwaid, Waiderer Holzschlag, Weberhäusl, Wunderbach und Zusch.

Um 1800, als die Grundaufteilung der riesigen Wälder abgeschlossen war,  machte sich langsam ein Bevölkerungsüberschuss bemerkbar. Es gab keinerlei Beschäftigungsmöglichkeit außer der auf einem Bauern­hof und im Wald.

Hochkonjunktur in der Waldarbeit herrschte zur „Käferlzeit", als 1870 ein Unwetter die großen fürstlichen Wälder riss.

Als es wieder ruhig im Waldgebiet geworden war, wanderten viele auf der Suche nach Arbeit nach Wien, nach Nordböhmen oder nach Bayern ab. Andere suchten ein Auskommen als Siedler, Roder und Waldarbeiter in Slowenien und in der Bu­kowina.

Manche kamen aber "per Schub", wie es im Volksmund hieß, wieder ins Heimatdorf zu­rück. Es waren die Gescheiterten, die oft Dorf und Bewohner nicht mehr kannten, deren Vorväter aber in Stadln und Umgebung das Heimatrecht besessen hatten, das sie an Kin­der und Kindeskinder vererbten. Kamen diese Nachfahren in Not, ob schuldhaft oder nicht, so wurden sie in ihre Heimatgemeinde abgeschoben. Diese war verpflichtet, bis an ihr Lebensende, wohl mehr schlecht als recht, für sie zu sorgen. Kranke transportierte man von Bauernhof zu Bauernhof, wo sie auf einer Strohschütte im Stall oder in einem abgele­genen Winkel des Hauses schliefen. Das Grundausmaß des Hofes war maßgebend für die Zahl der Tage, an denen jeder Bauer sie behalten und verpflegen musste.

Der Staat tat wenig für das abgelegene Gebiet, dessen Straßen schlecht waren und dessen Bewohner arm blieben. Die Schuldenlast der Bauern wuchs kontinuierlich und konnte erst teilweise abgetragen werden, als 1914 der Erste Weltkrieg die Preise für landwirt­schaftliche Artikel, besonders für Vieh, vor allem aber die Absatzmöglichkeit steigerte. Doch fehlten bald die Arbeitskräfte, denn 55 Männer von den 300 Dorfbewohnern muss­ten in den Krieg ziehen; zwanzig davon kehrten nicht mehr heim.

In Folge des Zusammenbruchs des Kaiserreichs  wurde das Gebiet Teil der neu gegründeten Tschechischen Republik. Die Landwirte, vor allem die Waldbauern, konnten mit den im fruchtbareren Inland wohnenden tschechischen Bauern nicht konkurrieren. Eine neue Schuldenlast, bedingt durch schwankende Holz- und Viehpreise, türmte sich besorgnis­erregend auf. Bauern gaben auf und verkauften ihre Höfe.

Die traditionelle Bewirtschaftung mit Hilfe der Inleute, vor allem der Frauen derselben, die Bestellung der Äcker, Wiesen und Wald erbrachte nur geringen Ertrag und damit Absatz. Die Inleute hielten sich durch Kuh- und Ziegenhaltung über Wasser. Das Gras holten sie von Rainen und mit Buckelkörben aus Waldschlägen oder kleinen Rodungen. Heimarbeit, das Sammeln von Waldfrüchten, Arbeit auf einem Hof trugen  zum Lebensunterhalt bei.

Es war daher nicht verwunderlich, dass 1938 der Ruf nach engerem Zusammenschluss der 3,5  Mill. Sudetendeutscher und ihre Forderung nach besserer wirtschaftlicher Stellung auch im Dorf Stadln Anhänger fand.

Die Stadler Wehrpflichtigen flohen nach der Mobilisierung nach Bayern oder versteck­ten sich im Wald, viele schlossen sich dem Sudetendeutschen Freikorps an. Doch ging es wie ein erlösendes Aufatmen durch die Lande, als eine friedliche Lösung in München erreicht wurde.

Wirtschaftlich ging es aufwärts. Alle wurden in den Arbeitsprozess eingegliedert, die Bauern fanden mehr Absatz für ihre Produkte, Hilfsmaßnahmen setzten ein, und die Straßenverhältnisse sollten verbessert werden. Doch der Zweite Weltkrieg brachte nur Not und Elend über das ganze Land, über die Menschen.

Durch Gesetz wurden 1945 die Deutschen enteignet. Am 18. April 1946 begann dann die offizielle Austreibung, „odsun" - Abschub genannt. 

Das Gebiet um den Kiesleiten wurde zu einem  Truppenübungsplatz. Von den Häusern des Dorfes Stadln blieben nur Mauerreste, vom Grün überwachsen.

  

Die Landschaft um das Dorf Stadln  

Das Dorf Stadln schmiegte sich an den Kiesleiten mit seinem waldbedeck­ten Gipfel. Auf seinem Süd­westhang lag die langgestreckte, seiner Anlage nach wie ein Waldhufendorf wirkende Bauernsiedlung Stadln. Die Dorfstraße verlief parallel zum Kieslingbach, doch so weit von der Talsohle entfernt, dass die Anwesen vor Hochwasser geschützt waren und von den Auswirkungen der Talfröste verschont blieben.

Magere Felder und Wiesen mit oft felsigem Untergrund dehn­ten sich auf den Hängen an beiden Dorfenden aus. Ihre oft nur dünne Humusschicht, die Höhenlage von 800 bis 900 Meter, raue Nord- und Westwinde und lange Winter schränkten den Getreidebau ein und bewirkten, dass neben der Nutzung der großen Wälder und Sonnenhänge (Preisel-, Heidel- und Himbeeren) Grünlandwirtschaft und Viehzucht als Haupteinnahmequelle in Frage kamen. Doch nur selten verzichteten die Bauern auf den Feldbau; Brot von ihren Äckern wollten sie essen, und so pflügten und säten sie, wie es die Väter taten, bis sie ihre Höfe verlassen mussten.

Im Tal fließt der Kieslingbach über Steingeröll, riesige  Steinblöcke, ähnlich den Findlingssteinen. Im Unterlauf, vor der Einmündung in die Widra, begleiten Steilhänge den Bachlauf.


Der Ort

Vom Bachtal herauf über die 1897 erbaute Brücke führte die breite und steile Triftstraße, die in der Mitte des Dorfes mündete. Mit der Dorfstraße bildete sie eine Art kleinen Dorfplatz, der von einem Gasthaus, dem Kirchlein, dem Schulhaus und einem Kramladen umsäumt war. Im Jahr 1853 musste jeder Bauer sein ihm zugemessenes Wegestück der Triftstraße ausbauen. Da es aber die meisten allein nicht schafften, waren sie gezwungen, Taglöhner auf ihre Kosten zu beschäftigen. 

Folgten wir dem nach Gutwasser führenden Straßenteil, so lagen linker Hand die sechs Höfe des "Vödern Dorfes", die vermutlich den ältesten Dorfteil bildeten und in ihrer Anlage fast an ein Haufendorf erinnerten.
Im Gegensatz dazu standen die sechs Höfe des "Hintern Dorfes", die nebeneinander aufgereiht etwas erhöht über der Straße standen, welche nach Waid führte.

 

Franzlhof









Jedes Bauernhaus, bestehend aus Wohn- und Stalltrakt, hatte in unmittelbarer Nähe die Scheune, den Wagen- und den Streuschupfen, ein Inwohnerhaus und manchmal auch ein Austraghaus. Zu jedem Hof gehörte eine Hofaue, ein vom Hof bis zur Talsohle führender Wiesenstreifen, den man Point oder Bord nannte. Sie wurde mit Hilfe eines Grabensystems aus einer Wasserschwelle gedüngt, in der sich Abwässer und Jauche sammelten. Von der Hofanlage erstreckten sich bergwärts Felder und Brachwiesen bis zum Rand des Gipfelwaldes des Kiesleiten. Hier befanden sich auch die Quellen, die jeden Hof mit Trink-und Nutzwasser versorgten, das in Holzrohren zum Hausgrand geleitet wurde.



Die Schule


Die Errichtung einer Schule -  1789 durch „landesherrliche aller­höchste Verordnung" bewilligt - wurde gemeinsam von den Stadler Bauern mit einem Kostenaufwand von 415 Gulden getragen. Der erste Lehrer Ferdinand Lang erhielt als Bezahlung durch die Gemeinde drei Strich Korn, das nötige Brennholz und Futter für zwei Stück Vieh. Als Schulgeld mussten die Schüler im ersten Schuljahr ei­nen, im zweiten zwei und für das dritte Jahr drei Kreuzer bezahlen. Die Kinder wurden öffentlich einmal jährlich geprüft. Die Prüfer der damaligen Zeit waren der Schulkommis­sar Xaver Stark aus Pisek, der Pfarrer von Gutwasser und der Schulaufseher und Richter Johann Adam Zettl. 1791 verstarb der erste Lehrer, worauf Thomas Truska als Schulmeister nach Stadln kam. Die Bauern aber lehnten ihn ab, so dass 1794 Johann Schmidt als Nachfol­ger eingesetzt wurde. 1827 verstarb er nach 32jähriger Lehrtätigkeit, ihm folgte der Sohn Peter Schmidt. 

Da sich das erste Schulhaus bald als  zu klein erwies, erfolgte 1810 der Bau eines neuen Gebäudes. Das alte aber machte man zum Dorfwirtshaus, und als es 1894 abbrann­te, errichtete man auf Kosten aller Bauern, da es ja Gemeinschaftsbesitz war, aus Steinen ein neues Haus, genannt Gasthaus „Zum Kiesleiten". Dieser Brand war auch der Anlass zur Gründung einer Feuerwehr. Aufgrund der zunehmenden Schülerzahlen erfolgte 1878 der Bau des dritten Schulhauses. Im Untergeschoß, mit dem Eingang von der Straße her, befand sich ein Stall für zwei Rinder. Das Heu lieferten die Lehrerwiesen. Der Eingang zum Erdgeschoß am Hang  führte zu den zwei Wohnungen der Lehrer, die Oberlehrerwohnung mit drei kleinen Zimmern, die Lehrerwohnung mit zwei kleinen Zimmern. Die Schule war zweiklassig, die beiden Klassenräume befanden sich im Ober­geschoß. Hinter dem Gebäude hangaufwärts lag ein Gemüsegarten. Bekannte Oberleh­rer, die im Dorf segensreich wirkten, waren Neubauer, Kracher, Bösch Max, Wotruba, Zettl Jakob, Landauer Wenzl.

 

(Quelle: "Das Stadler Gericht" von Heinz Günther Zettl) 











































 

     







































 









































 




































 

 

  

  

  

 

 

 er Gericht